Ausgrabungen
im Tal der Könige
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Ausgrabung: |
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Geograph. Lage: | TMP Raster-Koordinaten: N 99518.7733, O 94026.9150, Höhe: 173.24 m. ü. NN |
Beschreibung:: KV 57 repräsentiert ein Übergangsstadium in der Grabarchitektur von der abgeknickten Achse, einem Charakteristikum der 18. Dynastie, zur geraden Achse der königlichen Gräber der 19. und 20. Dynastie. Das Grab Haremhabs verläuft auf einer Nord-Süd-Achse und ist 469,67 qm groß. Es ist 106,58 m lang und führt in eine Tiefe von 29,52 m.
Blick über die Eingangstreppe, hinunter in KV 57 Der Eingang des Grabes liegt knapp oberhalb des antiken Talgrundes, unten an der Südseite des Hügels, welcher von dem Steilhang in welchem das Grab Amenophis II (KV 35) angelegt ist, ostwärts in das zentrale Wadi ragt.
Die Eingangstreppe (A) verläuft unter einem ungewöhnlich tiefen Überhang, der nur das obere Drittel der Stufen unbedeckt läßt, welches heute von einem modernen Dach geschützt wird. Der abschüssige Korridor (B) nach dem ersten Durchgang, führt zu einer steilen Treppe (C) mit trapezförmigen Aussparungen an der Decke und einem weiteren Überhang an ihrem unteren Ende. Letzteres ist eine Neuerung in diesem Grab. Der zweite abschüssige Korridor (D) führt in Raum E, dessen Brunnenschacht der noch immer teilweise mit Schutt gefüllt ist, obwohl die Ausgräber von einem kleinen Raum berichteten, der vom Boden des Schachts aus zugänglich ist. Ein Durchgang in der Rückwand von (E) führt in einen rechteckigen Raum mit zwei Pfeilern (F). Dieser Raum zeigt eine weitere architektonische Neuerung, indem seine Längsachse nun annähernd parallel zu den oberen Korridoren verläuft, wie auch jene der Treppen und der unteren Kammern, wenn auch leicht nach Westen abweichend. Die Ausgräber berichteten von Anzeichen einer Blockade im Abstieg, welche bereits im Altertum aufgebrochen worden war..
Korridor G führt hinab zu einer weiteren Treppe (H), wieder mit trapezförmigen Aussparungen an der Decke. Die dekorierte Vorkammer (I) öffnet sich in den Vorderteil der Grabkammer (J), wo zwei Reihen Pfeiler eine flache Rampe in der Mitte des Raumes flankieren. Die beiden Durchgänge zu I und J waren einst durch hölzerne Türen verschlossen. Zwei kleine Treppen, eine in der Mittelachse, die andere am Nordende des westlichen Ganges, führen hinab zum tiefer gelegenen Boden des rückwärtigen Teils der Kammer. Ein rechteckiger, roter Granitsarkophag, nicht mittig im Raum plaziert, trägt an den Ecken gemeißelte Darstellungen von Göttinnen mit ausgestreckten Flügeln. Ein Paar rechteckiger Nischen für magische Ziegel befinden sich in der Ost- und Westwand, unter der flachen Decke in diesem Teil der Kammer.
Durchgänge in jeder Seitenwand im vorderen und rückwärtigen Teil von J, wie auch am westlichen Ende der Rückwand, führen in Nebenräume. An der Ostseite befinden sich je ein einzelner Raum (Je) im vorderen Teil der Kammer und (Jd) im hinteren Teil. An der Westseite gibt es in jedem Teil zwei Seitenräume, Ja und Jaa vorne, Jb und Jbb hinten, wobei Jaa als Krypta diente, begehbar von einer Grube im Boden von Ja aus. Ein großer Raum (Jc), durch eine Tür in der Rückwand von J zu betreten, ist noch stark mit Schutt angefüllt. Ein Durchgang an seiner Nordost-Ecke öffnet sich in eine kleinere Kammer (Jcc), an welche sich ein noch kleinerer Raum (Jccc) anschließt.
Blick über den Brunnenschacht in Kammer E Geschichte der Tätigkeiten im Grab: Obwohl keine eindeutig identifizierbaren Überreste von Haremhab gefunden wurden, gibt es einige Anhaltspunkte, daß das Grab einst versiegelt gewesen sein muß, zumindest ab dem Eingang zu F. Der zerbrochene Sarkophagdeckel, den man auf dem Boden fand, wie auch die Beschädigungen an der Kanopenkiste und an anderen Grabaustattungen legen nahe, daß das Grab ausgeraubt wurde. Nach den Aufzeichnungen einiger hieratischer Inspektionslisten könnte es sein, daß es vorübergehend als Versteck anderer Grablegungen gedient hat, bevor diese abermals umgebettet wurden, vielleicht in KV 35. Edward Ayrton, der für Theodore Davis arbeitete, entdeckte KV 57 am 25. Februar 1908. Er und Davis gruben es noch im selben Jahr aus. Ayrton beabsichtigte einen detaillierten Bericht über die Grabung vorzulegen, dieser wurde jedoch nie veröffentlicht und das Manuskript ging verloren. Harry Burton erstellte eine vollständige Photodokumentation des Grabes für das Metropolitan Museum of Art . Die Wanddekoration wurde erneut 1971 - diesmal in Farbe - von Erik Hornung dokumentiert und veröffentlicht. Überflutungen im Tal im Oktober und November 1994 waren der Grund, daß Wasser in das Grab gelangte und, obwohl viel im Schacht von Raum E aufgefangen wurde, konnte doch einiges durch die Brücke über dem Schacht in die unteren Kammern eindringen.
Detailgenaue Malerei mit Osiris, Anubis und Horus.
Dekoration: LÄ III: 523, PM 1:2, S. 567-569, Thomas
S. 92, 95. Räume E, I, J und Jb sind die einzigen dekorierten Kammern. Das allgemeine Dekorationsprogramm gleicht dem königlicher Gräber früher in der Dynastie, im besonderen KV 22 (Amenophis III), mit Szenen des Königs in Gesellschaft verschiedener Götter in Raum E und I, und der nächtlichen Reise des Sonnengottes in der Grabkammer. Es gibt jedoch eine signifikante Änderung im dargestellten Thema der Dekoration in der Grabkammer. Anstelle des Amduat wurde hier ein neues Werk eingeführt, bekannt als das Buch der Pforten, eine Gestaltung die ebenfalls die nächtliche Wanderung der Sonne durch die zwölf Stunden zeigt, welche von einander durch Pforten getrennt sind.
Kammer E: Auf der westlichen Hälfte der Südwand ist ein Anubis-Schakal auf einem Schrein dargestellt. Auf der Westwand wird Haremhab von Horus zu Isis gebracht, er opfert der Hathor Wein und steht vor Osiris-Wennefer. Auf der östlichen Hälfte der Südwand wiederholt Horus seine Rolle als göttliche Begleitung und bringt Haremhab zu Hathor und Isis am südlichen Ende der Ostwand. Auf der Ostwand fortfahrend, opfert Haremhab der Hathor Wein und steht vor Osiris. Die Nordwand verlor einige ihrer Dekoration, als die dekorierte Vermauerung des Durchgangs zu F aufgebrochen wurde. Gegenwärtig geleitet ein teilweise erhaltener Horus, vielleicht begleitet von (jetzt fehlenden) Göttern den König vor den thronenden Osiris, gefolgt von Anubis und wiederum Horus. Eine kleine Figur des Iwnmutef-Priesters steht vor Osiris, beide blicken zu (dem nicht mehr vorhandenen) Haremhab.
Haremhab opfert (der Hathor) Wein Kammer I: Ebenso wie in Raum E zeigt die Dekoration auf beiden
Seiten des Raumes I Haremhab, welcher jenen Göttern und Göttinnen
opfert, die mit dem Leben nach dem Tod assoziiert werden. Die Ostwand
und die westliche Hälfte der Südwand zeigt Hathor, wie sie
ihre Arme schützend um den König breitet. Auf der Westwand
steht der König vor Anubis, opfert der Isis Wein, steht vor Horus,
opfert der Hathor Wein und steht vor Osiris. Der hier dargestellte
visuelle Rhythmus (wie auch in E), der
König abwechselnd einmal mit den Armen an der
Seite und einmal mit Opfergaben erhoben, wiederholt sich an der Ostwand,
allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Hier opfert der König
Anubis Wein, steht vor Isis, opfert dem Horus Wein, steht vor Hathor
und opfert dem Osiris Wein. Die Nordwand zeigt den König mit
den memphitischen Gottheiten Ptah und Nefertem, westlich des Durchgangs
steht er mit
Ptah an einem djed-Pfeiler, und östlich davon
sieht manNefertem vor einem tjet-Knoten. Die äußeren
Laibungen des Durchgangs zu J sind beide mit stehenden Figuren der
Ma'at geschmückt.
Kammer J: Die Wände sind mit den Stunden 1-5 aus dem Buch der Pforten geschmückt (Piankoffs Numerierung, bei Hornung wären es die Stunden 2-6). Die Stunden 1, 3 und 4 finden sich auf der Westhälfte von J, während die Stunden 2 und 5 die Osthälfte einnehmen. Die kunstvoll ausgeführte Pforte zur Stunde 5, den Gerichtssaal des Osiris darstellend, nimmt den Großteil der Nordwand ein.
Die Dekoration ist hier von speziellem Interesse, nicht nur aufgrund
der Neuerung in der Thematik, sondern auch wegen ihres unvollendeten
Zustandes, denn man kann hier die unterschiedlichen Entstehungssstufen
in der Arbeit der Künstler sehen. Wie in E und I scheint die
geplante Dekorationstechnik in J erhabenes Relief gewesen zu sein.
Dies blieb jedoch unvollendet, und die einzige gemalte Dekoration
hier war auf unrelieffiertem Putz in der Südwestecke. Die Vorzeichnungen
an der Ost-, West- und Nordwand sind hervorragende Beispiele für
Musterentwürfe.
Nefertem - Detailgenaue Malerei Kammer Jb: Die Rückwand (Westwand) zeigt Osiris vor einem djed-Pfeiler. Dieses Dekor ist über eine dünne Farbschicht direkt auf den Fels gemalt.
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